Ueber
das dem Uradel angehörige
Geschlecht der von Taube,
sonst Duve genannt
Von
Dr. Leopold
Freiherr von Ledebur,
Hauptmann a. D., Direclor der K. Kunstkammer, der vaterländ. Alterbümer und der ethnographischen Sammlungen
des K. Museums zu Berlin, Mitglied des K. Heroldsamtes, Domherr zu Zeilz, Ritter etc.
BERLIN, 1864.
Im Selbstverlage des Herausgebers.
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§. l. Die verschiedenen Geschlechter der von Taube, Duve, Dove etc. und ihre
Wappen.
In den Ostseelanden Russlands, Preussens und Schwedens begegnen wir unter den Geschlechtern
uradelicher Abkunft einem Namen, der in der heute üblichen Form durchaus derselbe ist, der aber
aufwärts steigend, in früheren Jahrhunderten sehr bestimmt nach zwei Hauptrichtungen auseinander
geht, und, sowohl sprachlich, als heimathlich und der Nationalität nach auf ganz verschiedene Wurzeln
leitet.
Es ist dies der Name von Taube; bei dem einen dieser Geschlechter hinaufleitend zu den
Formen Daube, Dube, Duba, und somit nach Ober-Sachsen, Thüringen und Böhmen; bei dem andern
durch die Formen Duve, Duwe, Dove, nach Nieder-Sachsen und Westphalen, dieser allgemeinen
Wiege aller ritterlichen Geschlechter, welche vom Beginn der Ordenszeit bis in das 16. Jahrhundert
nach Liv- und Curland gekommen sind.
Das Auseinandergehen dieser beiden Geschlechter von Taube, die noch gegenwärtig in den
Ostseelanden, zu beiden Seiten des baltischen Beckens angesessen sind, nach zwei in der Nationalität
verschiedenen Stämmen hin, wird auf das Schlagendste dargethan durch das Auseineinandergehen der
Wappenbilder, deren sich diese beiden Stämme bedienen. Beide haben sogenannte redende Wappen;
aber das eine Wappen redet slavisch, das andere deutsch.
Duba ist die slavische Bezeichnung für Eiche. Daher der entwurzelte Eichenstubben mit den
zwei, auch mehreren Blättern in dem Wappen des einen Geschlechts von Taube, in den verschiedenen
theils adelichen, theils freiherrlichen, bannerherrlichen und gräflichen Linien in Sachsen, Schweden,
Russland und Preussen. In der weicheren Form als Freiherrn von Daube in Siebmachers Wappenbuch
IV. 12 aufgeführt. Mehr noch in der auf den Stamm zurückleitenden Form, in welcher wir den von dem
Historiker J. Voigt zum Geschlecht der von Taube gezählten Deutsch-Ordens-Ritter Albrecht von der
Dube finden, der von 1411—1412 Deutsch-Ordens-Vogt der Neumark und von 1412—1413
Ordensvogt zu Brathean war (J. Voigt, Namen-Codex der Deutsch-Ordens-Bcamten S. 63. 72.). Dass
hier nun aber unzweifelhaft der Eichenstamm als das slavisch redende Element des Wappens
angesehen werden muss, dafür legen noch andere Namen derselben Heimath, in denen die Wurzel
Duba, Dupa, Tupa sich wiederfindet, und in deren Wappen gleichfalls der Eichenstamm, unabweissbar
Zeugniss ab. So finden wir bei den Böhmischen Freiherrn von Duba oder Dube: im goldenen Schilde
zwei über Kreuz gelegte geastete Eichen stämme; bei denen von Taubadel (Tupadel) in Böhmen und
Sachsen: in Blau zwei schräggestellte geastete Eichenstämme; bei den von Doben oder Duben im
Vogtlande und Thüringen: in einem Querbalken einen geasteten Eichenstamm mit Blättern.
Noch viel weniger zweifelhaft als redendes Bild, und zwar als dem germanischen
angehörig,
Sprachstamme
wird die Taube anzuerkennen sein in dem Wappen des zweiten
Geschlechtes, welches sich gegenwärtig von Taube nennt, in früheren Jahrhunderten aber Duve, Duwe,
Doyve, Dove, nicht blos in Livland, sondern auch in ihrer Stammheimath Westphalen, und in den
Landen, an der Niederelbe, Dänemark und Rügen, welche das Geschlecht auf seinen Wanderungen zu
durchziehen hatte.
Aber auch nach dieser Scheidung in slavischen und germanischen Ursprung werden wir bei
dem letzteren, der sich durch das Bild der Taube verkündet, noch manche Vorsicht anzuwenden haben,
um der Gefahr von Verwechselungen zu entgehen.
Wir haben einiger dieser Familien zu gedenken:
Das Geschlecht von Du v e , wegen eines Burglehens zu Rethem a. d. Aller zu den
Lüneburgischen Vasallen gehörig (v. d. Knesebeck, Archiv f. Gesch. und Genealogie I. 42.); auch zu
Ober-Boyen in der Grafschalt Hoya angesessen (Statist, topograph. Nachrichten der Churbraunschw.
Lande 1791. — Spiel und Spangenberg's Neues vaterländ. Archiv 1827 II. 15.), führt im blauen Felde
eine auf einem Oelbaume sitzende weisse Taube, die einen Oelzweig im Schnabel hält. Auf dem
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Helme einen von einem Pfeile durchschossenen silbernen Flügel. Sie werden von Dr. H. Grote
(Geschlechts- und Wappenbuch des Königreichs Hannover und des Herzogthums Braunschweig E. 6.)
den Geschlechtern des Briefadels beigezählt.
Da sind die Du fwa i n We s t e r g o t l a n d : in Blau auf 3 rothen Ziegelsteinen sitzend eine
weisse Taube; und
die erloschenen Du fwa i n Fi n n l a n d : in Blau zwei rückwärts schauende weisse Tauben
auf einem grünen Schrägbalken schreitend (Svea Rikes Ridderskaps och Adels Vapenbok p. 3. 6.).
Beide sind Schwedischen Briefadels.
Ferner müssen wir noch der Ta u b e n i n Oe s t e r r e i c h gedenken, die nach Siebmacher III.
55, im Gold über Schwarz quer getheilten Schilde eine weisse Taube führen, und auf dem Helme einen
Flügel, in welchem sich die Zeichnung des Schildes wiederholt; und zwar in's Besondere deshalb, weil
einige Mitglieder der gerade hier in Rede stehenden Familie von Taube sich haben verleiten lassen,
eben dieses Wappen für das Ihrige zu halten und dasselbe anzunehmen. Es ist dies eine leider nur zu oft
zu machende Erfahrung, dass für solche Familien, für deren angestammtes Wappen in den
zugänglichen Wappenbüchern keine Abbildung
Wappenbuch eine Quelle von Missgriffen und Irrthümern geworden ist.
Das Wappen, welches der nunmehr hier allein in Rede stehenden Familie von Taube, früher
Duve, Duwe, Dove, zusteht, ist eine weisse, rechts gewendete Taube mit rothem Schnabel und Füssen
im schwarzen Felde; auf dem gekrönten Helme in einem schwarzen Flügel sich wiederholend; wie
solches als Mittelschild in das Wappen der Grafen von Trenck übergegangen ist, nur mit dem
heraldischen Verstosse, dass hier die Taube links gewendet erscheint.
zu finden war, das grosse Siebmacher'sche
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