ANTIKE RUNST
Aus der Vorrede zur ersten Auflage.
er Zweck dieses Büchleins ist, wie der Titel besagt, methodische Einführung in die antike Kunst. Hierfür
erschien es als der richtigste Weg, den Schüler mit einer ma|sigen Anzahl gut erhaltener, leicht
verständlicher und interessanter antiker Kunstwerke bekannt zu machen, die, um zugleich den historischen
Sinn zu nähren und den Geschichtsunterricht zu fördern, nach der Zeit ihrer Entstehung geordnet sind. Eine Trennung
der verschiedenen Zweige der bildenden Kunst schien nicht ratsam, damit nicht gerade die bedeutendsten Monumente
zerstückelt würden. Eine vollständige Kunstgeschichte geht über das Ziel der Schule hinaus, die sich, wie auch sonst,
begnügen mu|s, das Elementare und Fundamentale mitzuteilen. Obgleich von den verschiedensten Seiten schon oft
darauf hingewiesen worden ist, da|s solch ein Kunstunterricht das historische, ästhetische, ethische und religiöse
Interesse in hohem Ma|se fördert, so hat derselbe doch bis jetzt nur wenig Eingang in die Schulen gefunden. —
Die Malerei ist, da Abbildungen ohne Farbe, zumal dem Anfänger, wenig verständlich sind, wohl überhaupt
von der Schule auszuschlie|sen, soweit sie nicht als Mittel zur Dekoration der Räume Erwähnung finden mu|s. —
Die Grundsätze, die für die Auswahl der einzelnen Kunstdenkmäler leitend waren, sind von mir ausführlicher
dargelegt in einem Aufsatze: »Der Kunstunterricht im Gymnasium« (in Separatabdruck erschienen, Langen salza 1880).
Es kommt vor allem darauf an, solche Kunstwerke vorzuführen, die ästhetisch und sachlich besonders interessant sind,
möglichst den ganzen Umfang des Kreises der Kunstobjekte
zeigen,
die verschiedenen Darstellungsformen
veranschaulichen und zu dem übrigen Unterrichtsstoffe in naher Beziehung stehen. Auf dem Gebiete der Architektur
schien es richtig, von der Anschauung bestimmter Denkmäler auszugehen und dann erst die Einzelheiten folgen zu
lassen. Wir glaubten von diesen reichliche Abbildungen geben zu sollen, da eine klare Vorstellung vom Ganzen nicht
möglich ist ohne genaue Anschauung der einzelnen Teile.
Der Text ist in seiner Fassung für die Schüler oberer Klassen höherer Lehranstalten berechnet;er ist also frei
von allem gelehrten Beiwerk, so da|s er auch für weitere Kreise, die durch Selbststudium sich mit den Werken der
antiken Kunst bekannt machen wollen, wohl leicht verständlich ist. —
Der Text bietet im wesentlichen eine Beschreibung der mitgeteilten Abbildungen. Er weist in der Regel im
Beginn der einzelnen Abschnitte auf die Vorbedingungen hin, unter denen die Kunst sich in den betreffenden Ländern
und Perioden entwickelte, schildert hierauf die einzelnen Kunstwerke und sammelt dann in Rückblicken die auf Grund
der Anschauungen gewonnenen Resultate. Eingestreut sind Bemerkungen aus der Kunstlehre und über die
berühmtesten unter den hervorragenden Künstlern. Die Besprechung der Bilder ist verschiedenartig. Bald ist, je nach
Bedürfnis, eine Vorbereitung vorausgeschickt, bald nicht. Nachdem das Bild kurz dargeboten ist, findet eine
eingehendere Betrachtung desselben statt, an die sich dann bei den bedeutenderen eine Würdigung anschlie|st, welche
die Stellung des einzelnen Werkesinnerhalb der Entwickelung der Kunst darlegen will. Hie und da wurde versucht zu
zeigen, wie man durch das Schlu|sverfahren zur richtigen Deutung eines Bildes gelangen kann;doch wurde auch hier
archäologische Gelehrsamkeit ferngehalten. Von dem wichtigen Grundsatze, blo|s im Bilde Geschautes zu besprechen,
wurde nur in wenigen Fällen abgewichen, so besonders bei dem Parthenon, der dem Schüler nicht lebhaft genug
vorgeführt werden kann, dessen einzelne Überreste aber ohne Beschreibung des herrlichen Ganzen nicht verständlich
sind. Doch ist dafür gesorgt, da|s der Schüler aus den früher gegebenen Bildern die Anschauungen hat erwerben
können, die ihn befähigen, sich die einftige Pracht dieses gro|sartigen Werkes in seiner Phantasie zu vergegenwärtigen.
Wie im einzelnen der Kunstunterricht in der Schule zu erteilen sei, habe ich besprochen in dem oben
angeführten Schriftchen und in einem in den Jahrbüchern für Philologie und Pädagogik 1881, S. 133—144 und S.
161—165 erschienenen Aufsatze: »Wie lä|st sich der Unterricht im Gymnasium anschaulicher gestalten?« I. Da im
Schulunterrichte neben den Holzschnitten grö|sere Photographieen wünschenswert sind, es aber nicht leicht ist, die
geeigneten billig zu bescharfen, so lasse ich unten ein Verzeichnis von solchen nebst Angabe der Bezugsquellen und
der Preise folgen. Die ganze Sammlung, die wir für unser Gymnasium allmählich erworben haben, kostet nur wenig
über 300 Mark. — Wer Mythologie mit dem Kunstunterrichte verbinden will, sei verwiesen auf »Otto Seemann, die
Götter und Heroen der Griechen«, oder dessen »Mythologie der Griechen und Römer«.
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RUDOLF MENGE
Wenn unter Benutzung der so gebotenen Hilfsmittel der Kunstunterricht in den Schulen betrieben wird, so lä|st
sich dazu beitragen, da|s bei der Jugend die Kenntnis des Altertums vertieft und der Sinn für das Ideale gesteigert wird,
und da|s unsere dereinstigen Männer mit klarerem Blick die höchsten Kulturinteressen unsers Volkes beurteilen können.
Denn wer in seiner Jugend in die antike Kunst eingeführt ist, der wird später weit mehr Lust und Verständnis haben,
kunstgeschichtliche Vorlesungen auf der Universität zu hören oder für sich die kunstgeschichtlichen Werke von Kugler,
Lübke, Over beck, Reber, Schnaase etc. zu studieren. Da|s ich den Büchern dieser Männer ebenso wie den Schriften
von Blümner, Bötticher, Brunn, Bühimann,Burckhardt, Bursiann, Conze, Curtius, Dümichen, Ebers, Flasch, Friederichs
Gsell-Fels, Hauser, Jahn, Kekul, Michaelis, Ottfried, Müller, Semper, Stark, Welcker u. a. viele Belehrung schulde,
bekenne ich voll Dankbarkeit.
E i s e n a c h , im Mai 1880.
Der Verfasser.
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